Freitag, November 18, 2005

Mädels, Midterms und Mitternachtsmahl

Selam allerseits,

Wie ich schon letztes Mal freudig hab anklingen lassen, stand heute vor einer Woche endlich Bilgis Welcome Party auf dem Programm. Erwartet wurde: ausgelassenes Feiern schöner und freilich v. a. weiblicher Menschen in edler Umgebung und die Erwartungen wurden... nur ungenügend erfüllt, denn - klar, oder? - die Umgebung war edel: so mit schickem Club, V.I.P.-Raum, Kronleuchter, teurem Bier und ebenso teurem Rakı, Spitzen-DJ inkl. Gogos usw. usf. Doch zumindest zu dem Zeitpunkt als die Erasmus-Taxen das weit entfernte Maslak im Norden Istanbuls erreichten, also um halb ein Uhr nachts, waren eins, zwei, drei ... naja, sagen wie eine Handvoll Damen (noch?) da! Beweisfotos wurden gemacht (, können aber nicht gezeigt werden, weil ich mein monatliches Uploadlimit erreicht habe) und zeigen: wie in ner Türkendisco zuhause. (Wobei hier keine Abschätzigkeit sondern nur Enttäuschung zum Ausdruck kommen soll.) Woran lag's???
Nun, vielleicht an der Tatsache, dass seit knapp zwei Wochen Prüfungsphase ist. Quasi in allen Kursen werden in der Mitte und am Ende des Semesters Klausuren geschrieben. Immerhin in dieser Hinsicht vereint das Schicksal mich mit Bilgis Studenteninnenwelt ;-)

Ergo musste ich vergangenen Freitag ein Midterm-Examen in Türkisch schreiben (Listening comprehension, Diktat, freies Erzählen), sowie an diesem Montag in Early Ottoman History ein dreistündiges (!) Quasi-Abitur hinter mich bringen (mit Definitionen und Datenabfrage, Kurzessays und Textbearbeitung) und nächste Woche wartet noch eine Klausur in Middle East Politics auf mich. Nicht, dass also der Eindrück entstünde, es gäbe nichts anderes mehr als Weiber, Wein und Gesang.

Von zumindest letzten beiden kann ich aber abschließend noch berichten. War am letzten Samstag in eines der 8-Personen-Jungs-Zimmer zum Mitternachtsmahl eingeladen, und ich möchte hier meinen Dank an meinen Türkisch-Prof Özgür Savasçı richten, denn sein Kurs ermöglichte es mir, so gut Türkisch zu sprechen, dass ich in den Genuss der türkischen Freundlichkeit und Freundschaftlichkeit kommen kann. Die Fotos sollen davon einen Eindruck vermitteln, und zeigen u. a.
- Murad aus dem südöstlichen Urfa, der zwei Stunden lang Hackfleisch mit Scharf zu feinem Ciğ Köfte gemischt und geknetet hat, bis es an der Zimmerdecke pappen blieb und damit seine richtige Konstitenz bewies;
- die Jungs aus Urfa, Izmir, Antep, Sariyer und anderen Ecken der Türkei, allesamt Bilgi Studenten in International Relations, European Studies, Philosophie, Mathematik, Business Administrations, Public Relations usw.;
- den "Party Raum", ganz orientalisch am Boden sitzend, mit Früchten, Salat (für das Köfte), Radi und freilich Yeni Rakı;
- Ibrahim Tatlises, DEN türkischen Altweibersänger, der aber bei solchen Abenden nicht fehlen sollte, da man ihn braucht für
- Gesang und Tanz, was mir natürlich noch schwer fällt.

Wie offensichtlich ist, waren keine (leider) Damen zugegen. Ob dies den Schluss zulässt, ob die türkische eine Männergesellschaft ist, kann und will ich hier nicht erörtern, denn dem Begriff selbst mangelt es ja an einer Definition. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass es wirklich viel Spaß gemacht hat, ich mich wohl gefühlt habe und an dieser Stelle nochmal

"Teşekkür ederim" sagen möchte.
Ludwig Paşa