Donnerstag, Februar 09, 2006

Antworten


Und hier nun die Antworten auf die Fragen meines letzten Eintrages.
Zunächst zum Thema Schnee: Väterchen Winter hat in der Türkei verblüffenderweise mehr zu bieten als ich gedacht hatte. Denn das, was manchmal tagelang als Regen vom Himmel runter kommt, kam als Schnee - wodurch doch glatt 30 cm Schnee anhäuften - und ließ die Stadt versinken, verstummen und verunsichern. Schulen dicht, Straßen leer, Geschäfte zu. Und am Lustigsten waren die an manche Autos angelegten Ketten, die mit 70 km/h über die schneefreie Straßendecke ratterten.
Jedenfalls ließ mich der Schnee ein paar schöne Tage erleben: meine Winterspaziergänge führten mich durch Beyoğlu, Nişantaşı und Beşiktaş sowie ans Ende des Goldenen Horns nach Eyüp. Dort, hoch über dem Meer auf der Aussichtsterrasse des Pierre Loti Cafés machte ich die nette Bekanntschaft mit zwei Münchnern, Mischko und Nicola, die ihre Uni-Abschlussreise nach Istanbul machten und denen ich auch noch ein wenig "meine Stadt" zeigen durfte. Grüße an Euch, falls Ihr einen Blick auf meinen Blog werfen solltet!
Wie auf meinen Bildern zu sehen ist, kann der Schnee die Stadt wieder total verändern (oder wie der Schweizer Michael meinte: "Du meinst, Du bist in einer ganz anderen Stadt."). Die Menschen werden ruhiger, weil sie ihre Betriebsamkeit verlangsamen oder unterbrechen. Sie werden kindischer, machen Schneeballschlachten zwischen den geparkten und eingeschneiten Autos, filmen ihre auf Plastiktüten rodelnden Kinder und bauen türkische Schneemänner. Nichtsdestotrotz: was in solch kalten Tagen aus den Müll- und Schrottsammlern, Simit- und Kleinkramverkäufern, bettelnden Frauen und Straßenkindern wird, weiß niemand oder will niemand wissen. Die Metropole, der Moloch frisst seine Opfer.

Nun aber zur zweiten Frage - und gleich die Antwort: letzten Samstag fuhr ich für vier Tage mit Musikstudent und Freund Noyan in sein heimatliches Ankara. Knapp fünfeinhalb Stunden auf dem Highway No. 1 der Türkei, wobei wir über eine Stunde brauchten um herauszukommen aus dem Meer Istanbul, dessen Hügel Wellen gleich wogen, auf denen ein Teppich aus mehrstöckigen Kastenhäusern schwimmt. Dagegen Ankara: gerastert, kleiner (4 Mille EW), geordneter, bekömmlicher (allein schon weil auf 1000 m NN gelegen) - und recht unspektakulär. Die Altstadt schön, aber arm und ungepflegt, die Neustadt uncharmanter 1960er Jahre-Chic, irgendwie ... durchschnitts-europäisch. Das Leben spielt sich in Geschäften und Hauptstadt-Verwaltungsbüros ab, abends wird der tote Hund begraben.
Aber wie auch immer. Noyan's Oma, bei der er wohnt, empfing uns typisch großmütterlich ("Was wollt ihr essen? Ich hab fünf Kilo gefüllte Paprika gemacht, reicht das?"), seine malende Mutter ist auf Ausstellungstour in Paris, sein Vater führte mich am Sonntag ins Museum der Anatolischen Zivilsationen, zu Atatürks Sarkophag und Museum am Anıt Kabir und nachmittags ins umweltfreundlich gebaute Landhaus zum Fischgrillen und Rakı-Trinken. Die Bilder sollen für sich sprechen bzw. nur die Bemerkung zulassen: interessant war's und schön lustig.

Damit soll dieser Post ein Ende finden. Er soll die Halbzeit meiner Brückenüberquerung markieren - in meinem Zimmer liegen die Taschen packbereit und warten darauf gefüllt zu werden. Übermorgen gehts für acht Tage nach Old Germany zur Family und den Friends. All jenen, die sich außerhalb Ingolstadts aufhalten, sei gesagt: Sehen werd ich Euch wohl nicht, aber gaaaanz fest an jeden denken! Und jenen, an deren Präsenz ich auftanken darf, sei meine Vorfreude auf ein Wiedersehen gewiss!

Kendine iyi bakin, bis die Tage
Ludwig Paşa